Pflegegrade: Voraussetzungen / Kriterien & Leistungen

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Wenn eine Person pflegebedürftig wird, dann erfolgt die Einteilung in einen Pflegegrad. Hier erfahren Sie, welche Kriterien bei der Bewertung eine Rolle spielen und wie hoch die Leistungen sind, die Sie dabei jeweils erhalten.

Pflege: Eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft

Das Thema Pflege bestimmt die sozialpolitische Agenda bereits seit vielen Jahren. Viele Beobachter sehen darin die größte Herausforderung für die moderne Gesellschaft. Dass die Pflege solch eine enorme Bedeutung hat, liegt in erster Linie an zwei Faktoren: Der immer weiter steigenden Lebenserwartung und der niedrigen Geburtenrate.

Das führt dazu, dass der Anteil alter Menschen an der Gesamtbevölkerung in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass dieser Trend auch in Zukunft anhalten wird. Demografen gehen davon aus, dass in wenigen Jahrzehnten bereits mehr als 10 Prozent der Bevölkerung über 80 Jahre alt sein wird.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Pflegebedürftigkeit auftritt, liegt in dieser Altersgruppe bei rund 35 Prozent. Zum Vergleich: Bei Menschen unter 60 Jahren beträgt sie lediglich 1,2 Prozent. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass es immer mehr pflegebedürftige Menschen in Deutschland geben wird. Gleichzeitig sinkt die Zahl der jüngeren Menschen, die für die Versorgung aufkommen können.

Die folgende Tabelle zeigt, dass bereits in den letzten zehn Jahren die Zahl der Leistungsempfänger der Pflegeversicherung stark angestiegen ist – um mehr als 50 Prozent:

Leistungsempfänger der sozialen Pflegeversicherung
2008 2.113.485
2009 2.235.221
2010 2.287.799
2011 2.315.436
2012 2.396.654
2013 2.479.590
2014 2.568.936
2015 2.665.109
2016 2.749.201
2017 3.301.999

 

Der große Anstieg an pflegebedürftigen Personen macht es schwierig, die Pflege zu finanzieren.

Der große Anstieg an pflegebedürftigen Personen macht es schwierig, die Pflege zu finanzieren.(#01)

Der große Anstieg an pflegebedürftigen Personen macht es schwierig, die Pflege zu finanzieren. Bereits jetzt sind dafür jedes Jahr Milliardenbeträge notwendig. Die Tendenz ist dabei nach wie vor steigend. Wenn Sie die Entwicklung der letzten zehn Jahre genau betrachten, stellen Sie fest, dass die Ausgaben in diesem Zeitraum nochmals deutlich stärker angestiegen sind als die Zahl der Leistungsempfänger – beinahe um das Doppelte:

Leistungsausgaben der sozialen Pflegeversicherung (in Mrd. Euro)
2008 18,2
2009 19,3
2010 20,4
2011 20,9
2012 21,9
2013 23,2
2014 24,2
2015 26,7
2016 28,9
2017 35,5

Pflegestärkungsgesetz II: Neue Organisationsstrukturen für die Pflege

Um mit den Herausforderungen der Pflege umzugehen, hat der Gesetzgeber das Pflegestärkungsgesetz II verabschiedet. Dieses trat zum 1.1.2017 in Kraft. Es enthält umfassende Neuerungen und soll insbesondere die Versorgung der Pflegebedürftigen verbessern. Im Rahmen der Umsetzung dieses Vorhabens wurden die bisherigen Pflegestufen abgeschafft. Anstatt dessen kam es zu einer neuen Einteilung in Pflegegrade:

Pflegegrad 1
Pflegegrad 2
Pflegegrad 3
Pflegegrad 4
Pflegegrad 5

Diese brachte für die Betroffenen eine deutliche Änderung mit sich. Zum einen wurde die Grundleistung dabei in fast allen Bereichen etwas angehoben. Zum anderen wurden viele Pflegebedürftige deutlich höher eingestuft als bislang.

Das bedeutet, dass der Endbetrag im Vergleich zu den bisherigen Pflegestufen für sie deutlich angestiegen ist. Außerdem wurden viele Menschen, bei denen nur eine leichte Beeinträchtigung vorliegt, neu in das System aufgenommen. Die Unterstützung ist dabei zwar nur relativ niedrig. Wenn man jedoch berücksichtigt, dass diese Personen zuvor überhaupt keine Leistungen von der Pflegekasse erhielten, wird deutlich, dass auch in diesem Bereich eine deutliche Verbesserung stattgefunden hat.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass bei Ihnen selbst oder bei einem Ihrer Angehörigen eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, dann besteht der erste Schritt stets darin, einen Antrag bei der Pflegekasse zu stellen.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass bei Ihnen selbst oder bei einem Ihrer Angehörigen eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, dann besteht der erste Schritt stets darin, einen Antrag bei der Pflegekasse zu stellen. (#02)

Pflegegrade: So erfolgt die Einstufung

Wenn Sie den Verdacht haben, dass bei Ihnen selbst oder bei einem Ihrer Angehörigen eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, dann besteht der erste Schritt stets darin, einen Antrag bei der Pflegekasse zu stellen. Daraufhin kommt es bei der großen Mehrheit der Betroffenen zu einer Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung.

Nur wenn Sie eine private Pflege-Pflichtversicherung abgeschlossen haben, übernimmt diese Aufgabe ein Privatunternehmen: MEDICPROOF. In beiden Fällen beruht die Bewertung jedoch auf der gleichen Grundlage: dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA). Dieses gibt genau vor, welche Bereiche zu überprüfen sind und auf welche Weise diese in die Wertung einfließen.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung oder die Gutachter von MEDICPROOF gehen dabei auf folgende Aspekte ein:

  • Selbstversorgung (40%)
  • Krankheits- oder therapiebedingte Anforderungen (20%)
  • Alltagslebens und soziale Kontakte (15%t)
  • Mobilität (10%)
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (7,5%)
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen(7,5%)

In jedem der genannten Bereiche erhalten die Betroffenen eine Punktzahl. Die Summe dieser Punkte ist für die Erteilung des Pflegegrades verantwortlich. Dafür gelten folgende Werte:

Pflegegrad: die Einstufung
Pflegegrad Punkte
1 12,5 bis 27
2 27 bis 47,5
3 47,5 bis 70
4 70 bis 90
5 90 bis 100

Die Einstufung in einen Pflegegrad hat eine große Bedeutung für die Betroffenen. Davon hängt ab, wie viel Geld für ihre Versorgung zur Verfügung steht. Wenn Sie den Eindruck haben, dass bei diesem Gutachten ein Fehler unterlaufen ist, dann können Sie daher auch Widerspruch einlegen.

Um genauere Informationen zur Einstufung in den Pflegegrad zu erhalten, können Sie sich direkt an das Bundesgesundheitsministerium wenden:

Pflegeversicherung Bürgertelefon: 030 / 340 60 66 – 02
Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Rochusstraße 1
53123 Bonn

Pflegegeld und Pflegesachleistungen: Ihre Möglichkeiten für die ambulante Pflege

Wenn Sie in Pflegegrad 2 oder höher eingeteilt wurden und sich für die ambulante Pflege zu Hause entscheiden, dann können Sie aus zwei verschiedenen Leistungen auswählen. Zum einen ist es möglich, ein Pflegegeld zu beantragen. Dieses überweisen die Pflegekassen direkt auf das Konto der pflegebedürftigen Person und diese kann frei darüber entscheiden. In der Regel kommt dieses Geld zum Einsatz, um die pflegenden Angehörigen zu bezahlen, da diese aufgrund der zeitaufwendigen Pflege in der Regel ihren Beruf nicht mehr ausüben können.

In vielen Fällen sind die Angehörigen den hohen körperlichen Anforderungen, die die Pflege mit sich bringt, jedoch nicht mehr gewachsen – insbesondere wenn es sich dabei bereits um ältere Menschen handelt. Dann bietet es sich an, Pflegesachleistungen zu beantragen. Das bedeutet, dass ein professioneller Pflegedienst die Grundleistung der Pflege übernimmt. Den entsprechenden Betrag erhält die pflegebedürftige Person jedoch nicht ausbezahlt. Die Pflegedienste rechnen diese Sachleistung direkt mit der Versicherung ab. Wenn Sie den Betrag für die Pflegesachleistungen nicht voll ausschöpfen, erhalten Sie den entsprechenden Anteil des Pflegegeldes ausbezahlt.

Die Höhe der Leistungen hängt vom Pflegegrad ab und ist aus folgender Tabelle ersichtlich:

Leistungen bei ambulanter Pflege
Pflegegrad Pflegegeld Sachleistung
1 0 0
2 316 689
3 545 1.298
4 728 1.612
5 901 1.995

Die Pflegedienste rechnen diese Sachleistung direkt mit der Versicherung ab. Wenn Sie den Betrag für die Pflegesachleistungen nicht voll ausschöpfen, erhalten Sie den entsprechenden Anteil des Pflegegeldes ausbezahlt.

Die Pflegedienste rechnen diese Sachleistung direkt mit der Versicherung ab. Wenn Sie den Betrag für die Pflegesachleistungen nicht voll ausschöpfen, erhalten Sie den entsprechenden Anteil des Pflegegeldes ausbezahlt.(#03)

Verhinderungs- und Kurzzeitpflege

Wenn eine Person einen pflegebedürftigen Angehörigen betreut, dann übernimmt sie eine sehr anstrengende und belastende Tätigkeit. Daher ist es gelegentlich notwendig, sich zu erholen und zu entspannen. Auch pflegende Angehörige können einmal in den Urlaub fahren. Um während dieser Zeit dennoch die Pflege sicherzustellen, haben Sie Anspruch auf Verhinderungspflege. Diese können Sie auch in Anspruch nehmen, wenn der pflegende Angehörige einmal erkranken sollte. Darüber hinaus treten immer wieder Situationen auf, in denen eine besondere Belastung auftritt. Das ist beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt der Fall.

Dann ist der Körper geschwächt und die Pflege ist deutlich intensiver. Damit die Belastung während dieser Zeit nicht zu groß wird, können Sie eine Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Dabei handelt es sich um eine stationäre Aufnahme in ein Pflegeheim – allerdings nur für einen befristeten Zeitraum. Ab Pflegegrad 2 haben Sie Anspruch auf Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Der Betrag liegt für beide Leistungen bei jeweils 1612 Euro und die Dauer bei maximal 28 Tagen pro Jahr. Wenn Sie jedoch nur eine dieser beiden Dienste in Anspruch nehmen, erhöhen sich die Werte für den jeweils anderen.

Tages- oder Nachtpflege: Entlastung für die pflegenden Angehörigen

Viele pflegebedürftige Personen benötigen Betreuung rund um die Uhr. Für die Angehörigen ist diese Aufgabe jedoch kaum zu stemmen. Aus diesem Grund ist es in vielen Fällen sinnvoll, ein teilstationäres Angebot in Anspruch zu nehmen. Das bedeutet, dass die pflegebedürftige Person zwar den größten Teil des Tages zu Hause verbringt. Während einiger Sunden hält sie sich jedoch in einem Pflegeheim auf. Das bringt für die Angehörigen eine große Entlastung mit sich. Sie können die teilstationäre Pflege entweder als Tages- oder als Nachtpflege organisieren. Auf diese Leistung haben Sie ab Pflegegrad 2 Anspruch.

Die Höhe hängt dabei stets vom Pflegegrad ab und ist in folgender Tabelle aufgeführt:

Tages- und Nachtpflege
Pflegegrad Betrag
1 0
2 689
3 1298
4 1612
5 1995

 

Für pflegebedürftige Personen ist es sehr wichtig, aktiv zu bleiben und die sozialen Kontakte zu erhalten.

Für pflegebedürftige Personen ist es sehr wichtig, aktiv zu bleiben und die sozialen Kontakte zu erhalten.(#04)

Betreuungs- und Entlastungsleistungen

Für pflegebedürftige Personen ist es sehr wichtig, aktiv zu bleiben und die sozialen Kontakte zu erhalten. Ein gutes Mittel hierfür stellt es dar, an einer Betreuungsgruppe teilzunehmen. Daher erhalten Sie hierfür einen Betreuungsbetrag von der Pflegekasse. Darüber hinaus entsteht durch die Pflegebedürftigkeit ein erheblicher Mehraufwand im Haushalt. Daher ist es sinnvoll, eine Haushaltshilfe zu engagieren. Alltagsbegleiter und Einkaufshilfen erleichtern das tägliche Leben ebenfalls.

Für all diese Dienste erhalten Sie bei jedem Pflegegrad einen Zuschuss von 125 Euro pro Monat. Bei Pflegegrad 1 stellt dies – abgesehen von Zuschüssen für Pflegehilfsmittel – die einzige Leistung dar, auf die Sie Anspruch haben. Daher können Sie diesen Betreuungsbetrag in diesem Fall auch für andere Ausgaben verwenden – beispielsweise für Sachleistungen durch einen Pflegedienst.

Weitere Unterstützung durch die Pflegekasse

Wenn eine Person pflegebedürftig wird, unterstützen die Pflegekassen sie noch durch viele weitere Leistungen. Beispielsweise können Sie Pflegehilfsmittel, die im Hilfsmittelkatalog aufgelistet sind, mit der Pflegekasse abrechnen. Außerdem erhalten Sie einen Pauschalbetrag von 40 Euro pro Monat, den Sie für weitere Pflegeprodukte verwenden können.

Des Weiteren bekommen Sie einen Zuschuss für die Einrichtung eines Hausnotrufs. Viele Pflegebedürftige leiden außerdem darunter, dass ihre Wohnung nicht barrierefrei eingerichtet ist. Aus diesem Grund ist es auch möglich, einen Zuschuss von bis zu 4.000 Euro für die Wohnraumanpassung zu beantragen. Damit ist es beispielsweise möglich, einen Treppenlift zu installieren. Darüber hinaus haben die Angehörigen Anspruch auf kostenlose Pflegekurse, um eine gute Versorgung sicherzustellen.

Häufig ist es nicht möglich, eine pflegebedürftige Person zu Hause zu versorgen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich kein Angehöriger dazu bereit erklärt, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen.

Häufig ist es nicht möglich, eine pflegebedürftige Person zu Hause zu versorgen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich kein Angehöriger dazu bereit erklärt, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen. (#05)

Die Leistungen bei vollstationärer Pflege

Häufig ist es nicht möglich, eine pflegebedürftige Person zu Hause zu versorgen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich kein Angehöriger dazu bereit erklärt, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen. Insbesondere bei schweren Pflegefällen ist die Versorgung außerdem so schwierig, dass die Angehörigen dazu nicht in der Lage sind. Zwar ist es möglich, einen professionellen Pflegedienst für die ambulante Pflege zu beauftragen, doch übernimmt dieser nur die Grundpflege und sorgt nicht für eine dauerhafte Betreuung.

In diesen Situationen stellt die stationäre Pflege eine sinnvolle Alternative dar. Das bedeutet, dass die betroffene Person dauerhaft in einem Pflegeheim lebt. Auch in diesem Fall haben Sie Anspruch auf Leistungen durch die Pflegekasse. Allerdings unterscheiden sich die Beträge dabei deutlich von denen für die ambulante Pflege. In jedem Fall müssen Sie dabei mit einem erheblichen Eigenanteil rechnen.

Die folgende Tabelle zeigt die Leistungen für die stationäre Pflege:

Leistungen für die stationäre Pflege
Pflegegrad Betrag
1 125
2 770
3 1262
4 1775
5 2005

Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild: Halfpoint   -01: Monkey Business Images -#02: wavebreakmedia -#03: Alexander Raths  -#04: goodluz #05: Olena Yakobchuk

2 Kommentare

  1. Mitnichten ist der Prozess der Einstufung in die Pflegegrade so einfach, wie er sich liest!

    Wer als professioneller Pflegedienstler tätig ist und pflegebedürftige Menschen dabei unterstützt, die ihnen zustehenden Leistungen zu bekommen, weiß, wovon wir hier sprechen. Hier noch ein Formular und dort noch ein bisschen was ausfüllen. Bezahlt bekommen wir das nicht extra.

    Ebenso wie die vielen anderen Leistungen, die wir erbringen, weil der Mensch im Fokus steht. Allen Pflegediensten sei daher geraten, sich so viel technische Hilfe wie nur möglich zu holen, was beispielsweise über eine App zur Pflegevisite möglich ist.

    Denn gerade dann, wenn der Pflegedürftige auf einmal nicht mehr da ist, wissen die Angehörigen genau, an wen sie sich zu wenden haben und wer vielleicht etwas falsch gemacht hat. Medikamente nicht richtig dosiert oder den Arzt nicht rechtzeitig gerufen hat. Mit der App lässt sich der Nachweis erbringen, dass genau die richtigen Leistungen zum richtigen Zeitpunkt erfolgten.

    Menschlichkeit ja, aber irgendwann müssen wir auch mal an uns selbst denken und Unterstützung suchen. 

  2. Hallo

    Die Einstufung der Pflegestufe ein heikles Thema.

    Ich musste die Erfahrung machen ( Es handelte sich um unterschiedliche Personen) das die Bewertung wirklich auch von den Personen abhängt die die Einschätzung zuhause machen. ( Da ging es noch)
    Wie jetzt allerdings die Bewertung wirklich der Lage entsprechend telefonisch beurteilen kann ist mir allerdings ein Rätsel.

    Herzlichen Gruß

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