Der Pflegegrad 3 wurde für Menschen eingeführt, die an einer schweren Beeinträchtigung der Selbstständigkeit leiden. Hier erfahren Sie, welche Kriterien für diese Einstufung gelten und auf welche Leistungen Sie Anspruch haben.
Pflege 3: Eine enorme Herausforderung für die Gesellschaft
Die Pflege stellt eine enorme Herausforderung für die Gesellschaft dar. Bereits jetzt ist es schwierig, ausreichend Pflegekräfte zu finden. Es kommt hinzu, dass die Ausgaben in diesem Bereich beträchtlich sind. Bereits in den letzten Jahren kam es hierbei zu einer starken Steigerung.
Das zeigt folgende Tabelle:
2003 | 16,6 |
2004 | 16,8 |
2005 | 16,9 |
2006 | 17,1 |
2007 | 17,4 |
2008 | 18,2 |
2009 | 19,3 |
2010 | 20,4 |
2011 | 20,9 |
2012 | 21,9 |
2013 | 23,2 |
2014 | 24,2 |
2015 | 26,7 |
2016 | 28,9 |
2017 | 35,5 |
Zwischen 2003 und 2017 – in einem Zeitraum von nur 14 Jahren – haben sich die Kosten für die Pflege mehr als verdoppelt. Der Grund dafür liegt darin, dass die Bevölkerung immer älter wird. Der medizinische Fortschritt war in den letzten Jahrzehnten so enorm, dass die Lebenserwartung stark angestiegenen ist. Daher gibt es immer mehr alte Menschen in Deutschland.
Dabei steigen nicht nur die absoluten Zahlen an, sondern auch der prozentuale Anteil an der Bevölkerung. Hinzu kommt eine geringe Geburtenrate. Das verstärkt diesen Effekt zusätzlich. Demografen gehen davon aus, dass der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung auch in den nächsten Jahrzehnten weiterhin stark zunehmen wird.
Das zeigt folgende Prognose, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat:
Jahr | Gesamtbevölkerung (Mio) | Menschen über 80 Jahren (Mio) | Anteil in Prozent |
---|---|---|---|
2013 | 80,8 | 4,4 | 5,4 |
2020 | 82,0 | 5,9 | 7,2 |
2030 | 80,9 | 6,2 | 7,7 |
2040 | 78,9 | 7,8 | 9,9 |
2050 | 76,1 | 9,9 | 13,0 |
2060 | 73,1 | 9,0 | 12,3 |
Je älter eine Person ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie pflegebedürftig wird. Das bedeutet, dass die Herausforderungen, die eine gute Versorgung in diesem Bereich mit sich bringt, noch weiter zunehmen werden. Um die Pflege zu stärken, hat der Bundestag das Pflegestärkungsgesetz 2 verabschiedet, das zum 1.1.2017 in Kraft getreten ist. Dieses zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass es die Bezüge für die meisten Betroffenen deutlich angehoben hat.
Damit ist unter anderem der starke Anstieg der Ausgaben, der in der ersten Tabelle zwischen den Jahren 2016 und 2017 auftritt, zu erklären. Darüber hinaus hat das Gesetz das bisherige System mit verschiedenen Pflegestufen abgeschafft. Anstatt dessen erfolgt nun eine Einteilung in Pflegegrade. Dieser Artikel stellt den Pflegegrad 3 vor und geht darauf ein, welche Voraussetzungen für diese Einstufung gelten und welche Grundleistung Sie dabei erhalten.
Pflegegrade: Neue Einteilungen durch das Pflegestärkungsgesetz 2
Bis Ende 2016 waren in Deutschland sogenannte Pflegestufen gültig. Diese waren durch vier verschiedene Einteilungen gekennzeichnet: Zwischen 0 und 3. Mit Jahresbeginn 2017 kam es jedoch zu einer Änderung. Seitdem gibt es fünf unterschiedliche Pflegegrade. Für viele Pflegebedürftige hatte das eine neue Einstufung zur Folge. Diese erfolgte normalerweise jedoch automatisch.
Dabei ist es wichtig, zu beachten, dass bei diesem Wechsel ein Bestandsschutz gültig war. Das bedeutet, dass die Pflegebedürftigen nach der Überführung in den neuen Pflegegrad mindestens die gleiche Leistung wie in der bisherigen Pflegestufe erhalten mussten. In den meisten Fällen erhielten die Betroffenen durch das neue Gesetz sogar einen deutlich höheren Endbetrag. Diese Umstellung führte bei vielen Betroffenen jedoch zu einer großen Verwirrung. Das Bundesgesundheitsministerium hat deshalb ein Bürgertelefon eingerichtet, an das Sie sich bei Fragen wenden können.
Sie erreichen das Ministerium unter folgender Anschrift:
Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Bürgertelefon Pflegeversicherung: 030 / 340 60 66 – 02
Dienstsitz 1: Rochusstraße 1, 53123 Bonn
Dienstsitz 2: Friedrichstraße 108, 10117 Berlin (Mitte)
Die Voraussetzungen für Pflegegrad 3
Wenn der Verdacht auf eine Pflegebedürftigkeit auftritt, ist es notwendig, eine Bewertung der betroffenen Person durchzuführen. Sollten Sie in der sozialen Pflegeversicherung versichert sein, ist hierfür der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) zuständig. Bei Betroffenen, die eine private Pflicht-Pflegeversicherung abgeschlossen haben, übernimmt die Einstufung das Unternehmen MEDICPROOF.
Unabhängig davon, ob in Ihrem Fall der Medizinische Dienst der Krankenversicherung oder MEDICPROOF für diese Aufgabe verantwortlich ist: Die Bewertungsgrundlagen sind die gleichen. Die Gutachter bewerten dabei sechs verschiedene Bereiche. Ihre Gewichtung ist jedoch unterschiedlich.
Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Aspekte auf:
10% | Mobilität |
7,5% | Kognitive und kommunikative Fähigkeiten |
7,5% | Verhaltensweisen und psychische Problemlagen |
40% | Selbstversorgung |
20% | Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Belastungen |
15% | Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte |
Aus dieser Auflistung wird deutlich, dass bei der Einstufung in den Pflegegrad die Selbstversorgung die entscheidende Rolle spielt. Daher versuchen die Gutachter herauszufinden, ob die betroffene Person noch in der Lage dazu ist, die typischen Aufgaben im Haushalt und im Bereich der Körperpflege selbst durchzuführen.
Pflegegrad 3: Hilfe für Menschen mit schwerer Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Bei diesem Gutachten erhalten die Patienten in jedem Bereich eine Punktzahl. Je unselbstständiger sie sind, desto mehr Punkte bekommen sie. Danach werden die Punkte aus den verschiedenen Kategorien zusammengezählt. Die Gesamtpunktzahl entscheidet schließlich über die Einstufung in den Pflegegrad. Der Pflegegrad 3 umfasst Menschen mit einer schweren Beeinträchtigung ihrer Selbstständigkeit. Das entspricht einer Punktzahl zwischen 47,5 und 70 Punkten. Diese Einstufung hat weitreichende Folgen auf die spätere Versorgung der Pflegebedürftigen. Daher ist es möglich, Einspruch gegen die Bewertung einzulegen. Das soll die Rechte der Patienten stärken.
Wenn Sie bereits vor der Umstellung des Pflegesystems pflegebedürftig waren, dann erhalten Sie normalerweise ganz automatisch einen neuen Pflegegrad. Patienten mit Pflegestufe 2 wurden automatisch in Pflegegrad 3 überführt. Das brachte eine leichte Erhöhung der Leistungen mit sich. Besonders positiv wirkte sich der Wechsel auf Personen aus, die in Pflegestufe 1 eingestuft waren und zusätzlich unter Demenz leiden. Diese erhalten ebenfalls den Pflegegrad 3, der eine deutliche Anhebung der Leistungen mit sich bringt.
Pflegegeld: Unterstützung für die pflegenden Angehörigen
Wenn Angehörige die Pflege übernehmen, benötigen sie viel Zeit für diese Aufgabe. Eine volle Berufstätigkeit wird dadurch praktisch unmöglich. Das bedeutet, dass die Familienmitglieder erhebliche finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen. Um diese abzumildern, erhalten sie ein Pflegegeld. Dieses ist nicht zweckgebunden, sodass Sie es nach eigenem Ermessen verwenden können. Der Endbetrag hierfür liegt bei Pflegegrad 3 bei 545 Euro.
Pflegesachleistungen für die Unterstützung durch professionelle Pflegedienste
Häufig sind die Angehörigen, die sich um die pflegebedürftige Person kümmern, bereits selbst etwas älter. Sie können zwar eine Betreuung übernehmen, aber die körperlich anstrengenden Pflegeleistungen nicht mehr übernehmen. In diesen Fällen ist es sinnvoll, einen ambulanten Pflegedienst zu beauftragen. Dieser verfügt über ausgebildete Fachkräfte, die diese Aufgabe übernehmen. Auch für diese Grundleistung erhalten Sie eine Unterstützung durch die Pflegekasse.
Diese trägt die Bezeichnung Pflegesachleistungen und beträgt maximal 1.298 Euro pro Monat. Sie müssen dabei jedoch beachten, dass sie über den Betrag nicht frei verfügen können. Es handelt sich hierbei um eine zweckgebundene Sachleistung, die der Pflegedienst direkt mit der Pflegekasse abrechnet. Wenn Sie diese in Anspruch nehmen, haben sie außerdem kein Anspruch mehr auf das Pflegegeld.
Es gibt aber dennoch eine Möglichkeit, um beide Leistungen miteinander zu kombinieren. Wenn Sie das Budget für die Sachleistung nicht voll ausschöpfen, erhalten Sie den prozentualen Anteil in Form eines Pflegegeldes ausbezahlt.
Kurzzeitpflege bei Pflegegrad 3: Für Situationen mit besonderen Belastungen
Eine Krankheit kann die Pflegebedürftigkeit für einen bestimmten Zeitraum deutlich erhöhen. Dabei wird nicht gleich der Pflegegrad angepasst, da davon auszugehen ist, dass sich die Situation nach einiger Zeit wieder bessert. Für diese Fälle bietet es sich an, eine Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen. Diese ist insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt üblich. Auf diese Weise wird eine gute Versorgung während der Regenerationsphase sichergestellt.
Der Betrag für diese Leistung liegt bei maximal 1.612 Euro pro Jahr. Die Höchstdauer liegt bei 28 Tagen. Allerdings lassen sich diese Werte auch erhöhen, wenn ein Patient im entsprechenden Jahr keine Verhinderungspflege in Anspruch nimmt. Während der Aufenthaltsdauer in der Pflegeeinrichtung erhalten Sie die Hälfte des Pflegegeldes weiterhin ausbezahlt.
Verhinderungspflege: Bei Abwesenheit der pflegenden Angehörigen
Ein Urlaub gibt die Möglichkeit, sich von den Belastungen der Arbeit zu erholen. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für gewöhnliche Arbeitnehmer, sondern auch für pflegende Angehörige. Diese sind meistens einer ganz besonderen Belastung ausgesetzt und benötigen daher gelegentlich etwas Entspannung. Um Reisen und Erholung zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber die Verhinderungspflege eingeführt.
Sie können Ihre Pflegetätigkeit bis zu 28 Tage pro Jahr an einen professionellen Pflegedienst übergeben, um während der Abwesenheit eine gute Versorgung sicherzustellen. Die Kosten hierfür dürfen jährlich maximal 1.612 Euro betragen. Der maximale Zeitraum und der Endbetrag erhöhen sich, wenn Sie im entsprechenden Jahr keine Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen.
Betreuungs- und Entlastungsleistungen: Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben
Bei einer Pflegebedürftigkeit ist es sinnvoll, an Betreuungsgruppen teilzunehmen. Diese fördern die geistige und die körperliche Aktivität der Betroffenen. Auch hierfür steht Ihnen ein Betreuungsbetrag zur Verfügung, der pro Monat bei 125 Euro liegt. Dieses Geld können Sie auch für weitere Dienste verwenden – beispielsweise für Besuchsdienste und für Alltagsbegleiter.
Wenn Sie mit einer pflegebedürftigen Person zusammenleben, führt das außerdem dazu, dass im Haushalt deutlich mehr Arbeit anfällt als bisher. Daher können Sie den Betreuungsbetrag auch für Entlastungsleistungen verwenden – beispielsweise für eine Haushaltshilfe.
Pflegehilfsmittel und Hausnotruf
Für die Pflege benötigen Sie in der Regel Pflegehilfsmittel – beispielsweise Einmalhandschuhe oder Schutzeinlagen. Auch hierfür erhalten Sie einen Zuschuss. Dieser liegt pauschal bei 40 Euro pro Monat. Medizinische Hilfsmittel, die im Hilfsmittelkatalog enthalten sind, können Sie separat abrechnen. Auch wenn Sie einen Hausnotruf benötigen, erhalten Sie hierfür einen Zuschuss.
Barrierefreie Wohnraumanpassung
Für viele pflegebedürftige Personen stellt es ein großes Problem dar, dass die Wohnung nicht an ihren Bedürfnissen ausgerichtet ist. Das kann die Pflege deutlich erschweren. Daher haben Sie auch Anspruch auf eine Wohnraumanpassung. Eine einzelne Maßnahme wird dabei mit bis zu 4.000 Euro finanziert. Dieser Zuschuss ist jedoch genehmigungspflichtig. In der Regel erhalten Sie ihn nur einmal, solange sich Ihr Pflegegrad nicht ändert.
Tages- oder Nachtpflege
Eine Betreuung rund um die Uhr ist in vielen Familien nur sehr schwer zu organisieren. Daher ist es sinnvoll, wenn die Betroffenen einen Teil ihrer Zeit in einer teilstationären Pflegeeinrichtung verbringen. Dafür kommt die Tages- oder die Nachtpflege infrage. Die Pflegekassen halten auch hierfür einen Zuschuss bereit, den sie zusätzlich zu den bisher aufgeführten Leistungen erhalten. Dieser liegt bei 1.298 Euro pro Monat.
Beratung und Kurse
Wenn Sie eine pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 2 betreuen, dann benötigen Sie hierfür gute pflegerische Kenntnisse. Um eine hochwertige Versorgung sicherzustellen, bieten die Pflegekassen kostenlose Kurse für die Angehörigen an. Darüber hinaus besteht ein umfassendes Beratungsangebot, das Sie ebenfalls unentgeltlich über Ihre Rechte und Pflichten als pflegender Angehöriger aufklärt.
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