Die vorgestellte Analyse in Neurological Research and Practice (Springer Nature) liefert eine aktualisierte Übersicht über die Versorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten in Deutschland. Zwischen 2021 und 2024 wurden in zertifizierten Neurovaskulären Netzwerken etwa 120.000 von rund 250.000 Betroffenen behandelt, was einem Anstieg von mehr als 30 Prozent gegenüber dem früheren Zeitraum entspricht. Besonders die Zahl der mechanischen Thrombektomien nahm deutlich zu und belegt die Steigerung der Versorgungsqualität und Effizienzgewinne.
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Strukturierte Versorgung versorgt 120.000 Schlaganfallpatientinnen und -patienten zwischen 2021-2024
Nach Auswertung aktueller Daten erhielten zwischen 2021 und 2024 etwa 120 000 der ungefähr 250 000 bis 260 000 in Deutschland registrierten Schlaganfallpatienten eine Behandlung in offiziell zertifizierten Neurovaskulären Netzwerken. Damit stieg der Versorgungsanteil um gut ein Drittel gegenüber dem Fünfjahreszeitraum zuvor. Prof. Joachim Röther (Asklepios Klinik Altona) und Dr. Tobias Wagner-Altendorf (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein) stellten diese Open-Access-Studie auf dem ersten Deutschen Schlaganfallkongress in Berlin vor. Open-Access-Publikation in Neurological Research and Practice kostenfrei verfügbar.
Koordinierende Zentren bieten interdisziplinäre Expertise für schnelle krisenfeste Behandlungsentscheidungen
Neurovaskuläre Netzwerke bündeln zentrale Kliniken mit Fachabteilungen der Neurologie, Neurochirurgie, Neuroradiologie, Gefäßchirurgie und Kardiologie und verknüpfen sie mit mindestens drei regionalen Partnerkliniken inklusive zertifizierter Stroke Units. Sobald patienteninduzierte Behandlungsgrenzen in der Erstversorgung überschritten werden, initiieren die koordinierenden Zentren die sofortige Überführung. Ein fester Turnus von Expertenrunden garantiert eine kontinuierliche fachübergreifende Beratung und ist wesentlich für schnelle, zielgerichtete Interventionen bei komplizierten zerebralen Gefäßerkrankungen. Diese Prozesskette verkürzt Übertragungszeiten und fördert evidenzbasierte Therapiesicherheit.
Zertifizierte Netzwerke steigern chirurgische Eingriffe bei intrazerebralen Blutungen signifikant
Die Auswertung von Auditberichten aus insgesamt 19 zertifizierten Neurovaskulären Netzwerken, zertifiziert in den Jahren 2021 bis 2024, im Vergleich zum Zeitraum 2017 bis 2019 ergab einen deutlichen Anstieg der mechanischen Thrombektomien von knapp unter 2.500 auf über 4.400 jährlich durchgeführte Eingriffe. Ebenso nahm die Zahl neurochirurgischer Operationen bei intrazerebralen Blutungen spürbar zu, was die konzentrierte Expertise innerhalb dieser spezialisierten Netzwerke widerspiegelt und verdeutlicht deutlich besonders hohe Wirksamkeit umfassend koordinierter Patientenversorgungssysteme.
Netzwerkkliniken teilen sofort freie Intensiv- und Katheterkapazitäten in Echtzeit
Die Analyse zeigt, dass klar benannte Ansprechpartner innerhalb der Neurovaskulären Netzwerke und normierte Verlegungsrouten mit Rettungsdiensten und Feuerwehren den Ablauf deutlich beschleunigen. Regelmäßige Koordinationstreffen und abgestimmte Notfallkonzepte sorgen für reibungslose Übergaben. Prof. Röther weist darauf hin, dass alle beteiligten Kliniken in Echtzeit über Intensiv- und Katheterlaborkapazitäten informiert sind. Mit dieser Vorgehensweise können kritische Zeitfenster effektiv genutzt werden, sodass die Prognose von Schlaganfallpatientinnen und -patienten wesentlich verbessert wird. Zeitvorsprung zählt.
Studien zeigen verschlechterte Door-to-Needle-Zeiten durch pandemiebedingte Vorgaben und Abläufe
Obwohl die Ergebnisse insgesamt positiv ausfallen, offenbaren die aufgezeichneten Kennzahlen eine marginale Verlängerung der Door-to-Needle-Time im Untersuchungszeitraum. Mögliche Ursachen sind pandemiebedingte Modifikationen in der prähospitalen Versorgung, beispielsweise erhöhte Desinfektionsprotokolle und angepasste Patiententransporte. Die Studienverfasser sehen hierin wichtige Anhaltspunkte für optimierte Abläufe, um zukünftig Transport- und Behandlungsintervalle zu verkürzen, den Patiententransfer zu beschleunigen und so eine verbesserte Versorgung sicherzustellen. Weiterhin empfehlen sie, standardisierte Abläufe zu definieren, digitale Meldesysteme einzuführen sowie Trainings.
Langfristiges Ziel: 25 bis 30 Neurovaskuläre Netzwerke flächendeckend zertifiziert
Prof. Darius Nabavi betont die Dringlichkeit, mehrere Neurovaskuläre Netzwerke zeitnah zu zertifizieren, um flächendeckend hochwertige Schlaganfallmedizin zu gewährleisten. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft plant die Akkreditierung von insgesamt 25 bis 30 NVN in allen Bundesländern. Durch standardisierte, transparente und effiziente Prozesse, fachliche Kooperation und streng geprüfte Qualitätskriterien wird die Patientinnen- und Patientensicherheit konsequent gestärkt. Ziel ist eine lückenlose Versorgungskette vom Notrufszenario bis zur spezialisierten Therapie. Time is brain bleibt das verbindende Leitmotiv.
Interdisziplinärer Austausch in Neurovaskulären Netzwerken beschleunigt lebensrettende Schlaganfalltherapien nachhaltig
Implementierte Neurovaskuläre Netzwerke führen zu optimierten Abläufen in der Akutversorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten, indem Transportwege standardisiert und Verantwortlichkeiten klar definiert werden. Der Anstieg mechanischer Thrombektomien und neurochirurgischer Eingriffe verdeutlicht den Zugewinn an Behandlungsqualität. Interdisziplinäre Fallkonferenzen und digitale Kapazitätsüberwachungen sorgen für zeitnahe Entscheidungen. Die geplante Erweiterung der Netzwerke zielt auf eine flächendeckende Versorgungsstruktur ab, welche die Überlebensraten signifikant verbessern hilft. Zusätzlich fördern stetige Qualitätsscans den Wissenstransfer und die wirksame Prozesssicherheit.

